Der vierte Sonntag nach Ostern wird in der Armenischen Kirche „Roter Sonntag“ genannt. Dieser Name ist im Volksmund entstanden und symbolisiert das Blut der Märtyrer, die für das Christentum ihr Leben ließen.
Die Tageslesungen erzählen über die Verbreitung des Christentums nach der Auferstehung des Herrn. Die Apostel predigen unermüdlich das Wort Gottes und die Zahl der Gläubigen wächst vom Tag zu Tag. Darüber hatte auch Christus gesprochen. Er verglich das Rech Gottes mit einem Senfkorn, „dieses ist das kleinste von allen Samenkörnern, die man in die Erde sät. Ist es aber gesät, dann geht es auf und wird größer als alle anderen Gewächse und treibt große Zweige“ Mk 4, 26 – 34
Dieses Gleichnis zeigt anschaulich, wie Gottes Wort, durch die Hl. Apostel in die Seelen der Menschen gesät, allmählich wächst, gedeiht und Früchte trägt. Wer das Wort Gottes predigt und den Glauben in den Seelen der Menschen sät, kann die großen Früchte, die aus diesen Samen hervorgehen werden, nicht sofort sehen. Es gibt Momente, in denen es sinnlos ist, etwas anderes zu tun, als sich auf Gott zu verlassen und zu beten. Daher ist es nach der Aussaat der geistlichen Samen notwendig zu verstehen, dass für Wachstum und Ernteertrag bestimmte Zeit vergehen muss. Andererseits lehrt das Gleichnis auch, dass alles seine Zeit hat: „Sobald aber die Frucht reif ist, legt er die Sichel an; denn die Zeit der Ernte ist da.“ Mk 4, 29. Der Gärtner sollte immer darauf achten, den Moment der Aussaat, den der Bewässerung oder den der Ernte nicht zu verpassen.
Heute verstehen wir, was uns der Herr sagen wollte. Die Verkündung der Hl. Apostel und der Hl. Väter unserer Kirche durch die Jahrhunderte, säen in den Seelen der Menschen die Saat des Glaubens. Mit der Zeit wachsen diese mehr und mehr und geben reiche Frucht. Durch die Hl. Apostel verbreitet sich das Wort Gottes in der Welt und die frohe Botschaft der Auferstehung des Herrn wird hörbar vom Ost bis West, von Nord bis Süd.
Uns lehrt dieses Gleichnis zunächst, dass wir, erfüllt mit der Hoffnung und dem Glauben, jeder nach seinen Möglichkeiten und Gaben, mit besonderer Aufmerksamkeit und dem Gottvertrauen weiterhin das Wort Gottes in die Seelen der Menschen säen sollen. Sodann lehrt sie uns, dass alles seine Zeit hat: Arbeit und Erholung, Geduld und Aufmerksamkeit, das Erkenntnis über die Grenzen und die Möglichkeiten der eigenen Kraft. Dieses Gleichnis lehrt uns, alles zu seiner Zeit zu machen. Es lehrt uns, dass nicht alles von uns abhängig ist. Es gibt Dinge, die Geschehen nach dem fürsorglichen Willen des Herrn. In dem wir sicher sind, dass der Wille Gottes gut ist, beten wir: „Dein Wille geschehe“ wie gestern und heute, so auch in der Ewigkeit der Ewigkeiten. Amen.
Pfr. Gnel Gabrielyan