Unsere Kirchenväter sprechen sehr oft davon, dass die menschliche Intelligenz einer der Gaben ist, welches den Menschen von den anderen Geschöpfen unterscheidet. Intelligenz, von lateinisch intellegere bedeutet „erkennen“, „einsehen“, „verstehen“. Die Wichtigkeit dieser kognitiven bzw. geistigen Leistungsfähigkeit heben im V. Jh auch die Heiligen Übersetzer, deren wir gestern, am 09. Oktober, gedacht haben, erkannt. Hl. Mesrop Mashtoz, der Hl. Katholikos Sahak Partev sowie der Schar deren Mitstreiter, übersetzten nicht nur die Bibel aus hebräischen und aramäischen Quellen ins Armenische, sondern auch vieles, von den Kirchenväter, von den Philosophen oder den Wissenschaftlern. Sie haben es als Ihre Mission verstanden, durch Bildung das Licht der Erkenntnis, des Verstehens, unter den Armeniern zu verbreiten. Der erste Satz, der mit den armenischen Buchstaben ins Armenisch übersetzt wurde, war aus dem Buch Sprüche Solomos: „Zu erkennen Weisheit und Zucht, zu verstehen die kündige Rede“ (Sprüche 1, 2).

Der V. Jh. Wird als goldener Zeitalter der armenischen Literatur betrachtet. Was die Hl. Übersetzer geleistet haben war so sehr Beispielhaft, dass später auch die Kaukasus Albaner, die Georgier, die slavischen Völker, aber auch Deutsche sich davon inspirieren ließen. Die Bewegung, die nach der Entdeckung der Armenischen Schrift sich entwickelt hatte, brachte bald ihre Früchte, neben den Übersetzungen wurden in Städten und Dörfern, überall, wo es Priester gab, Schulen gegründet, kleine Kinder dürften lesen und schreiben lernen, Gottesdienste und Ritten wurden in armenischen Sprache erstellt und vieles mehr. All das förderte die Bewahrung unserer Identität auch in düsteren Zeiten, als wie unsere Staatlichkeit verloren haben. Aber auch heute, verteilt um die Welt, nach dem Völkermord vom 1915, sind es unser Glaube und unsere Sprache, aber auch unser Streben die Wahrheit, das, was uns vereint und zusammenschweißt.
Auch heute sind wir Vereint, mehr den je. Unser Nachbarland will Artsakh von Armeniern befreien und begann vor Tagen, zusammen mit dem Land, der uns vor einhundert Jahren massakrierte, den Krieg. Auch wenn die Weltgemeinschaft es unermüdlich wiederholt, dass der Konflikt in Artsakh nicht militärisch gelöst werden kann, will unser Nachbarland es nicht begreifen. Mehr noch, sie bombardiert Dörfer und Städte Artsakhs, humanitäre Einrichtungen wie Krankenhäuser, Schulen und Kirchen. Da bleibt uns nur noch als Christen dafür zu beten, dass auch unsere Nachbarn zur Vernunft kommen und sich zum Verhandlungstisch hinsetzen. Bis dahin müssen wir uns, unsere Heimat und das Lebensrecht unseres Volkes verteidigen, denn einen zweiten Völkermord werden wir nicht mehr zulassen. Ich hoffe sehr, dass dies auch die Weltgemeinschaft erkennt und sich für den Frieden und das Lebensrecht der Menschen in Artsakh einsetzt.

Pfr. Dr. Diradur Sardaryan